Widerstand: Ein Kommentar zu Kyras Kunst
Vor ein paar Tagen haben wir einige Bilder von Kyra hochgeladen. Da ihre Kunst unkommentiert für sich stehen soll, steht dieser Text hier gesondert und soll keine “Erklärung” ihrer Kunst sein. Eine Interpretation, die sich als “Entschlüsselung” versteht, gleich einem Museumsprospekt oder einer Einführung in die Literaturwissenschaft, tötet die Kunst mehr als dass sie sie zugänglich macht. Nach diesen Tagen der Furcht vor Germanistik und Kunstwissenschaft möchte ich nun doch ein paar Worte schreiben, die nicht instruktiv sein sollen, sondern einfach das schildern, was ich an Kyras Kunst so berührend und politisch relevant finde.
Was mich am meisten an Kyras Bildern trifft, ist ihr Widerstand dagegen, Objekt zu sein. Als materielles Kunstwerk auf Leinwand oder Papier kommen sie als Objekt der Betrachtung daher; das Gesicht auf dem Bild, das ganze Bild, weigert sich aber radikal, totes Objekt zu sein. Vielmehr fühle ich mich angeguckt, vielmehr bin ich Objekt, oder ich dringe in die Intimität des Individuums ein, schon mein Blick eine Grenzüberschreitung. Jedes Gesicht hat Charakter, der irreduzibel auf eine festgenagelte Stimmung ist; ich kann und will bei den Bildern schlicht nicht ausmachen, ob das darauf abgebildete Gesicht „fröhlich“ oder „traurig“ ist, schon das angebliche einander-Ausschließen wird durch die Bilder lächerlich gemacht. Momente lassen sich nicht in fixen Begriffen einzwängen; wir sind nie „glücklich“ in der plastischen Vorstellung von Glück, die phantomhaft um sich greift. Nichts an diesen Gesichtern lädt dazu ein, sich zu fragen, ob es sich um eine „schöne“ oder gar „attraktive Frau” handelt. Eher befremden uns die grellen, zu runden und irgendwie zweidimensionalen Wangen. Das konventionelle Bemühen, durch Alltags-Makeup einen dauerhaften Zustand kindhafter Frische herzustellen, scheitert. Durch die Tötung von Zeitlichkeit soll es Leben symbolisieren – ein Widerstreit, der sichtbar wird durch die stumme Weigerung der Gesichter, sich maskieren zu lassen. Der Versuch, Kyras Gesichter in Ideale einzuordnen, scheitert am Fehlgehen eben des unbeweglichen Ideals als Kategorie. Die Bilder fordern im Gegenteil dazu auf, sich in der tiefen Lebendigkeit, der Vieldeutigkeit der abgebildeten Person zu verlieren, die eigenen Anforderungen und Erwartungen beiseite zu legen. Sie sind eine Einladung, sich einzulassen.